Wenn Krankheit die Beziehung belastet – wie Paartherapie helfen kann
- Maike Höcker
- 8. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Sept.
Eine chronische Erkrankung betrifft nie nur den einzelnen Menschen – sie wirkt sich fast immer auch auf die Partnerschaft aus. Plötzlich verschieben sich Rollen, Belastungen steigen, Nähe und Intimität geraten ins Wanken. Viele Paare erleben in dieser Situation Konflikte, Rückzug oder Sprachlosigkeit.
Gleichzeitig wünschen sich die meisten Betroffenen nichts sehnlicher, als gemeinsam durch diese schwierige Zeit zu gehen. Doch oft fehlen Werkzeuge und Raum, um miteinander über Ängste, Sorgen und Bedürfnisse zu sprechen. Paartherapie kann hier ein wertvoller Ort sein, um wieder in Kontakt zu kommen und die psychischen Belastungen gemeinsam zu tragen.
1. Wie Krankheit Beziehungen verändert
Eine chronische Erkrankung verändert den Alltag tiefgreifend und damit auch das Miteinander in einer Partnerschaft.
Neue Rollen: Oft rutscht ein Partner ungewollt in die Rolle der „Pflegeperson“, während der andere sich abhängig oder schwach fühlt. Das kann Schuldgefühle und Scham auslösen.
Ungleichgewicht: Aufgabenverteilung, Sexualität und Freizeitgestaltung verändern sich. Das Paar erlebt weniger gemeinsame Aktivitäten und mehr organisatorische Herausforderungen.
Psychische Belastungen: Depressionen, Ängste oder Erschöpfung treten häufig zusätzlich auf – nicht nur beim erkrankten Partner, sondern auch beim gesunden.
Studien zeigen: Chronische Erkrankungen erhöhen das Risiko für Beziehungsprobleme deutlich (Shrout et al., 2023). Gleichzeitig sind stabile, unterstützende Partnerschaften ein wesentlicher Schutzfaktor für die psychische Gesundheit und können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen (Xiang et al., 2025).
2. Typische Konfliktmuster in belasteten Beziehungen
Viele Paare erleben wiederkehrende Muster, die sich mit der Zeit verfestigen:
Schweigen & Rückzug: Aus Angst vor Eskalation oder aus Überforderung werden Probleme nicht angesprochen.
Dauerstreit & Vorwürfe: Überlastung entlädt sich in Angriffen und gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Verlust von Nähe: Krankheit verdrängt Intimität, Zärtlichkeit und gemeinsame Rituale, die Partnerschaft fühlt sich zunehmend wie ein Funktionieren statt wie eine Beziehung an.
Wichtig ist: Diese Muster entstehen nicht aus bösem Willen. Sie sind meist Versuche, mit Überforderung umzugehen, und zeigen, wie sehr die Beziehung unter Druck steht.
3. Was Paartherapie bewirken kann
Paartherapie bedeutet nicht, Schuldige zu suchen. Es geht darum, Verstehen zu schaffen, neue Wege zu eröffnen und Entlastung zu ermöglichen.
Gefühle ausdrücken, ohne zu verletzen – Worte finden für Angst, Trauer oder Überforderung.
Belastungen gemeinsam tragen – das „Wir“ stärken, statt gegeneinander zu kämpfen.
Eigene Bedürfnisse wahrnehmen und aussprechen – auch dann, wenn sie schwer zu formulieren sind.
Nähe wieder zulassen – selbst in veränderten Lebensumständen.
Die Paartherapie schafft einen geschützten Rahmen, in dem beide Partner gleichermaßen gehört werden. Das gemeinsame Ziel: den psychischen Druck senken und eine tragfähige Verbindung aufbauen, die trotz Krankheit Bestand hat.
4. Paartherapie als seelische Entlastung
Eine Paartherapie kann die Krankheit nicht wegnehmen, aber sie kann den Umgang damit verändern. Wenn beide Partner ihre Gefühle ausdrücken, Verständnis füreinander entwickeln und konstruktive Kommunikationsformen lernen, sinkt der seelische Druck.
Viele Paare berichten, dass sie wieder mehr Nähe, Halt und Vertrauen erleben. An die Stelle von Überforderung und Konflikten tritt das Gefühl, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Ein Wort zum Schluss
Eine chronische Erkrankung ist eine enorme Herausforderung für jede Partnerschaft. Doch sie muss nicht zwangsläufig zu Entfremdung führen. Paartherapie eröffnet die Chance, Belastungen zu verstehen, Konflikte zu bewältigen und trotz Krankheit eine tragfähige Beziehung zu leben.
„Ich begleite Sie gerne – mit Fachlichkeit, Erfahrung und Mitgefühl.“
Literatur:
Shrout, M. R., Weigel, D. J., & Laurenceau, J. P. (2024). Couples and concealable chronic illness: Investigating couples' communication, coping, and relational well-being over time.
Journal of family psychology : JFP : journal of the Division of Family Psychology of the American Psychological Association (Division 43), 38(1), 136-148. https://doi.org/10.1037/fam0001136
Xiang, L., Yang, J., Yamade, M., & Nie, H. (2025). Association between chronic diseases and depressive inclinations among rural middle-aged and older adults. Sci Rep 15, 7784. https://doi.org/10.1038/s41598-025-91679-5